Wenn die Straßenbahn direkt vor der Nase wegfährt oder die volle Kaffeetasse vom Tisch fällt, stellt das nun wirklich kein schwerwiegendes Problem dar. Aber ganz ehrlich, auch Kleinigkeiten können großen Ärger auslösen. Es ist ziemlich menschlich, wenn die Nicht-Erfüllung einer Erwartung bzw. eines Bedürfnisses in Gefühlen von Ärger resultiert.

Entscheidend ist jedoch: Wie sehr gebe ich mich dem Ärger aufgrund des (vermeintlichen) Problems hin? Welche Bewertung messe ich einer Situation bei, die nicht so verläuft, wie ich sie erwartet hatte?

Das Problem ist nicht das Problem.
Das Problem ist deine Einstellung zum Problem.
– Captain Jack Sparrow in “Fluch der Karibik”

Ich gebe ehrlich zu, mir fällt es in so einigen Situationen schwer gelassen zu bleiben. Dies mag der Grund dafür sein, dass ich mir im Lauf der Zeit bestimmte gedankliche Strategien zurechtgelegt habe, die mir persönlich dabei helfen, nicht wegen jeder Kleinigkeit die Fassung zu verlieren. Diese acht Denkanstöße für mehr Gelassenheit möchte ich in diesem Artikel mit dir teilen.

#1: Mache dir die Vergänglichkeit negativer Situationen bewusst.

»Hör mir zu,« sagte der alte Mann. »Diese Botschaft ist nicht nur für Zeiten der Verzweiflung. Sie ist auch für Zeiten der Freude. Sie gilt nicht nur, wenn du Verlierer bist. Sie gilt auch, wenn du Sieger bist. Nicht nur wenn du der Letzte bist, sondern auch wenn du der Erste bist.« Der König öffnete seinen Ring und las die Botschaft: »Auch dies wird vorübergehen.«
nach einer Sufi Geschichte

Eine als negativ bewertete Situation belastet uns meist deshalb so besonders, weil wir das Gefühl haben, sie würde ewig anhalten. Doch in wie vielen Fällen ist dies tatsächlich so?

Auch das geht vorbei.

Wenn du dir bewusst machst, dass eine Situation, die du gerade als problematisch empfindest, oftmals nur eine temporäre Momentaufnahme darstellt und eben nicht von Dauer ist, kann das deutlich die Schwere nehmen. Ein gutes Mantra hierfür ist: »Auch das geht vorbei.«

Der Gedanke um die Vergänglichkeit einer negativ empfundenen Situation kann tröstlich wirken. Manchmal hilft es schon eine Nacht drüber zu schlafen und am nächsten Tag sieht alles schon wieder weniger schlimm und ultimativ aus.

Aber auch für schöne Momente ist dieser Satz eine gute Erinnerung, diese bewusst und achtsam zu genießen, denn schließlich gilt auch hier: »Auch das geht vorbei.«

#2 Akzeptiere, was sich nicht ändern lässt.

»Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.«
Gelassenheitsgebet

Meistens kannst du tatsächlich viel mehr steuern und beeinflussen, als du im ersten Moment glaubst. Aber leider eben nicht alles. Es gibt Dinge, die außerhalb deines Wirkungsbereichs liegen und die du nicht zu ändern vermögen wirst – ganz egal, wie sehr du dich ärgerst oder bemühst.

Es wird im Leben immer veränderliche, aber auch unveränderliche Situationen und Gegebenheiten geben. Es ist beispielsweise ziemlich egal, wie sehr du dich über das Wetter aufregst, deine Aufregung wird nichts daran ändern.

Der Schlüssel für mehr Gelassenheit liegt in der Reflexion um den eigenen Einflussbereich:

  • Wo fängt mein Einflussbereich an und wo hört er auf?
  • Was habe ich für tatsächliche Veränderungsmöglichkeiten in einer Situation und an welchem Punkt kann ich lediglich meine Haltung zu einer Situation verändern?

Frust entsteht dann, wenn du einer Situation mit Widerstand begegnest (»Das müsste doch eigentlich anders sein«), deren Veränderungsmöglichkeit gar nicht in deinem Einflussbereich liegt. Verändere, was in deiner Macht steht, und versuche, dich mit dem Rest möglichst gut zu arrangieren. Oder wie ein bekannter Spruch lautet: »Love it, change it or leave it.«

Bedenke außerdem: Nicht jeder Kampf lohnt sich, selbst wenn er aussichtsreich erscheinen mag. Wäge ab, was dir wirklich wichtig ist und ob in manchen Fällen eine Haltung gelassener Akzeptanz nicht mehr wert ist als Veränderung erzwingen zu wollen.

#3 Setze dein Ärgernis in einen höheren Kontext.

»Ask yourself this question: Will this matter a year from now?«
Richard Carlson

Eine negativ empfundene Situation in einen höheren Kontext zu setzen, beispielsweise durch einen zeitlichen »Zoom Out«, kann dir dabei helfen, zu erkennen, dass du einer Situation oder Gegebenheit mehr Bedeutung beimisst als sie eigentlich verdient hat.

Bevor du dich unnötig in Ärger hineinsteigerst, frage dich:

  • Welche Bedeutung hat das jetzt noch in einer Woche?
  • Oder in einem Monat?
  • Oder in einem Jahr?
  • Lohnt sich die Aufregung wirklich?

#4 Beziehe nicht alles auf dich.

»Wenn du gewillt bist, das Verhalten eines anderen Menschen dir gegenüber eher als eine Reflektion des Zustandes seiner Beziehung zu sich selbst wahrzunehmen und nicht als eine Aussage über deinen Wert als Person, dann wirst du mit der Zeit ganz damit aufhören zu reagieren.«
Yogi Bhajan

Wenn es um Ärgernisse sozialer Art geht, du dich also beispielsweise über das Verhalten eines anderen Mensche ärgerst, schwingt oftmals eine Unterstellung von Absicht oder gar Böswilligkeit mit. Du kannst viel gelassener auf das Verhalten eines anderen Menschen reagieren, wenn du einen Schritt zurück gehst und dir überlegst:

  • War das jetzt wirklich Absicht oder gar Böswilligkeit?
  • Wie viel hat das jetzt tatsächlich mit mir zu tun und wie viel mit meinem Gegenüber?
  • Aus welchen Gründen heraus (re-)agiert mein Gegenüber vielleicht gerade so?
  • Möchte ich diesem Menschen oder dieser Situation jetzt wirklich die Macht über meine Zufriedenheit und Gelassenheit geben?

#5 Überlege dir, wozu das alles gut sein könnte.

»Bei Regen sind wenigstens alle Schaukeln frei.»
Spruch aus unbekannter Quelle

Ich bin wahrlich kein Fan von »Du musst das positiv sehen«, jedoch kann ein Perspektivenwechsel durch die Frage nach einem Zweck manchmal ganz gut tun:

  • Wozu könnte das jetzt oder später gut sein?
  • Was könnte ich daraus lernen?

Es geht nicht darum, sich eine Situation schön zu reden, sondern zu überlegen, welche positiven Aspekte, welche Erfahrungen und Erkenntnisse du eventuell aus einer schwierigen Situation mitnehmen kannst. Das macht die Situation nicht besser, aber vielleicht besser erträglich.

#6 Versuche Gelassenheit als eine Entscheidung zu betrachten.

»Es ist nie zu spät, das zu werden, was man hätte sein können.«
George Eliot

Wenn du kurz davor bist, in die Luft zu gehen, kann es helfen innezuhalten und sich die Frage zu stellen:

  • Welcher Mensch wäre ich, wenn ich mich jetzt aufrege und welcher, wenn ich es nicht tue?
  • Was für ein Mensch möchte ich sein?

#7 Erforsche das eigentliche Problem.

I’m sorry for what I said when I was hungry.
– Ein bekannter Postkartenspruch

Kennst du den Begriff “hangry”? Er beschreibt die Mischung aus “angry” und “hungry”. Ich persönlich kenne diesen Zustand leider zu gut…

Sind Grundbedürfnisse wie Nahrungsaufnahme, Schlaf oder Schmerzfreiheit nicht erfüllt, kann selbst eine Nichtigkeit leicht zur emotionalen Explosion führen. Das eigentliche Problem wird dann nur verschleiert.

Auch hier kann der Schritt zurück helfen: Ärgert mich das gerade wirklich? Oder steckt eigentlich etwas anderes dahinter? Manchmal ist diese Frage schnell und einfach beantwortet. Manchmal erfordert es tieferes Nachforschen, welches Bedürfnis gerade nicht ausreichend erfüllt ist.

#8 Achte auf deine Grenzen und Bedürfnisse.

»Wer sich nicht gut um sich selbst kümmert, kann sich irgendwann um niemanden mehr kümmern.«
Nora Imlau

Wenn du deine eigenen Grenzen und Bedürfnisse kennst und achtest, wird es dir leichter fallen, gelassen zu bleiben. Kümmere dich um deine Bedürfnisse und darum, dass es dir gut geht.

Sprich Grenzüberschreitungen frühzeitig an, statt sie über dich ergehen zu lassen, um dann später vielleicht wegen einer Kleinigkeit zu explodieren. Selbstfürsorge und das Aufzeigen von persönlichen Grenzen sind kein Egoismus, sondern essentiell um sich auch in schwierigen Situationen und im Umgang mit Mitmenschen in Gelassenheit üben zu können.

Frau Lyoner


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