Feminismus, das ist doch das mit diesen unrasierten, männerhassenden Weibern, oder? Frauenquote, voll unfair. Gendern, nervt doch nur. Und überhaupt, was soll das alles eigentlich? Wir sind doch eh alle längst gleichberechtigt. Oder…?

Warum wir immer noch über Feminismus reden müssen

Wir leben hier in einem sehr privilegierten Teil der Welt. Wenn wir also einmal andere Regionen der Welt ausblenden – fällt uns schließlich oft genug nicht allzu schwer – und uns nur auf die Lage in Deutschland fokussieren, beobachten wir paradiesische Zustände in puncto Gleichberechtigung der Geschlechter. In der Tat könnte man dann geneigt sein anzunehmen, es sei längst nicht mehr notwendig, über Feminismus zu sprechen. Denn es hat sich definitiv viel getan, wenn wir auf die letzten hundert Jahre zurückblicken.

Anmerkung: Wenn ich im Folgenden von Frauen und Männern spreche, geht es mir um gesellschaftlich verankerte Rollenbilder, weniger um das biologische Geschlecht oder gar die einzigartigen Individuen dahinter. Natürlich gibt es nicht die Frauen und die Männer – zudem ist bereits die binäre Einteilung der Geschlechter problematisch – dennoch ist diese Kategorisierung notwendig, um über Geschlechter(un)gerechtigkeit reden zu können.

Seit 1918 exisitert das Frauenwahlrecht, das Frauen politische Teilhabe ermöglicht hat. Im Jahr 1958 trat das Gleichberechtigungsgesetz in Kraft, das zumindest »auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechts« für Gleichberechtigung sorgte und einen ersten Schritt in Richtung realer Gleichberechtigung darstellte. Seit der Reform des Ehe- und Familienrechts im Jahr 1977 darf eine verheiratete Frau auch ohne Zustimmung ihres Ehemannes erwerbstätig sein. Und seit 1997 gilt auch endlich Vergewaltigung in der Ehe nicht mehr als Privatsache, sondern – juhu – tatsächlich als strafbar.

Alles richtig feine und wichtige Meilensteine. Dennoch sprechen auch heute noch so einige Indizien dafür, dass wir längst nicht am Ende des Weges angekommen sind – und ich werde in diesem Artikel beileibe nicht alle Problematiken aufgreifen können.

Geschlecht und Gewalt

»Familiendrama. Beziehungstat. Irgendwas mit privat und schlimm halt. Don’t call it Femizid.« – So manch eine Schlagzeile.

Statistiken zu körperlicher und sexualisierter Gewalt sprechen sehr deutlich für sich. So wird laut Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend rund jede dritte Frau in Deutschland mindestens einmal in ihrem Leben Opfer physischer oder sexualisierter Gewalt. Etwa jede vierte Frau erleidet durch ihren aktuellen oder einen früheren Partner körperliche oder sexuelle Gewalt.

Laut Bundeskriminalamt waren von den im Jahr 2021 insgesamt erfassten 143.604 Opfern vollendeter und versuchter partnerschaftlicher Gewalt 80,3 % weiblich und 19,7 % männlich. 113 Frauen und 14 Männer wurden Opfer von Partnerschaftsgewalt mit tödlichem Ausgang. Und über die Dunkelziffer in diesen Bereichen möchte ich gar nicht nachdenken.

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend:
Formen der Gewalt erkennen

Bundeskriminalamt zur Partnerschaftsgewalt:
Kriminalstatistische Auswertung Berichtsjahr 2021

Geschlechterrollen in der Sprache

»Sie ist halt voll die Familienmutter und er eher so der Karrieremann.« – Niemand. Ever.

Wie heißt es so schön, Sprache formt Realität – und vice versa. Nicht ohne Grund existieren Begriffe wie »Familienvater« und »Karrierefrau«, aber nicht das umgekehrte Pendant. Oder schon jemals etwas von »Familienmutter« oder »Karrieremann« gehört?

Auch hinter Beleidigungen wie »Hurensohn« und »Fotze« verbirgt sich ein ganz bestimmtes Frauenbild. Genauso hinter vermeintlich harmlosen Sätzen wie »So eine Pussy« oder »Stell dich nicht an wie ein Mädchen«. Fun fact am Rande, vor einigen Jahren wurde eine Frau zu einer Geldstrafe wegen Beleidigung verurteilt, da sie einen Polizisten mit »Du Mädchen« tituliert hatte.

Pinkstinks-Artikel von 2021:
Warum sind fiese Beleidigungen oft weiblich?

SZ-Artikel von 2015:
Polizisten als Mädchen bezeichnet - 200 Euro Strafe

Gender-Care-Gap

»Sorry Schatz, das mit dem Arbeiten wird leider nix, wer stellt mir denn sonst mein Essen auf den Tisch?« – So manch ein Günther. Vor 1977.

Bis 1977 konnte eine Ehefrau nur berufstätig sein, wenn die Erwerbstätigkeit mit den Interessen des Ehemanns und der Familie vereinbar war. Durch die sogenannte Hausfrauenehe war die Ehefrau per Gesetz (!) dazu verpflichtet den Haushalt zu führen. Eine gesetzliche Bindung ans Putzen, Kochen, Waschen – heutzutage zum Glück völlig unvorstellbar. Seit der Reformierung des Ehe- und Familienrechts gilt das partnerschaftliche Prinzip, das beide Eheleute gleichermaßen zur Haushaltsführung verpflichtet und zur Erwerbstätigkeit berechtigt.

Dennoch sind es auch heute noch Frauen, die deutlich mehr Zeit für Hausarbeit und Kinderbetreuung aufwenden als Männer. Selbst dann, wenn beide einer Erwerbstätigkeit in Vollzeit nachgehen. Diese Ungleichverteilung von bezahlter Erwerbsarbeit zur unbezahlten Sorgearbeit beschreibt der Begriff Gender-Care-Gap.

»Frauen verwenden durchschnittlich täglich 52,4 Prozent mehr Zeit für unbezahlte Sorgearbeit als Männer. Umgerechnet sind das 87 Minuten Unterschied. So leisten Männer pro Tag im Schnitt zwei Stunden und 46 Minuten unbezahlte Sorgearbeit, bei Frauen sind es vier Stunden und 13 Minuten.«
Quelle: Bundesministerium für Familie, Senioren Frauen und Jugend

Mental Load

»Sag halt Bescheid, wenn du Hilfe brauchst.« – So manch ein Günther. Heute.
Sorry, nix gegen Menschen mit dem Namen Günther.

Und dann ist da auch noch die sogenannte Mental Load, die in heteronormativen Familienkonstellationen zumeist auf den Schultern von Müttern ruht – oder eher lastet. Dabei geht es um die Organisation von all den kleinen Alltagsaufgaben, die sich scheinbar wie durch Zauberhand von selbst erledigen. Zumindest kann das so auf diejenigen wirken, die nicht ständig zig To-dos und Termine (im Hinterkopf) jonglieren müssen, damit im Eifer des alltäglichen Wahnsinns nichts Wichtiges untergeht.

Es gibt einen tollen Comic, der das Konzept von Mental Load wunderbar veranschaulicht:

Commic von Emma, in deutscher Übersetzung:
Du hättest doch bloß fragen müssen!

Gap auch bei bezahlter Care-Arbeit

»Klatschen statt Kohle.« – Jemand mit einer mega Idee während der Corona-Pandemie.

Die Pandemie hat gezeigt, dass sich unbezahlte und bezahlte Care-Arbeit im gesellschaftlichen Ansehen leider gar nicht so sehr zu unterscheiden scheinen – insbesondere wenn es um finanzielle Anerkennung geht. So verwundert es auch nicht, dass die typischen Sorgeberufe nach wie vor stark frauendominiert und – Überraschung – natürlich oft nicht allzu gut bezahlt sind.

Eine Statistik der Arbeitsagentur zur Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern im Jahr 2021 offenbart folgende Zahlen:

  • Gesundheits- und Sozialwesen: ~77% Frauenanteil
  • Erziehung und Unterricht: ~72% Frauenanteil
  • Sonstige Dienstleistungen und öffentliche Verwaltung: ~66% Frauenanteil

Diese Verteilung hat unter anderem auch Einfluss auf den sogenannten Gender-Pay-Gap.

Gender-Pay-Gap

»Also dass jetzt so viele Frauen Erwerbsarbeit nachgehen, ist ja schon okay und so, aber trotzdem weniger Kohle bekommen, wäre halt doch nice.« – Das Patriarchat mit einem richtig geilen Schachzug.

Der Gender-Pay-Gap, also das Lohngefälle zwischen Frauen und Männern, ist nach wie vor ein real existierendes Phänomen. Frauen verdienen in Deutschland rund ein Fünftel weniger als Männer. In den letzten 20 Jahren hat sich die Kluft nur minimal verbessert – 2006 lag der Gender-Pay-Gap in Deutschland noch bei 23 %, 2021 befand er sich bei 18 %.

»Frauen verdienten 2021 durchschnittlich 18% weniger je Stunde als Männer. Die Unterschiede fielen in Westdeutschland (und Berlin) mit 19% deutlich höher aus als im Osten (6%). […]
In keinem einzigen Wirtschaftszweig verdienten Frauen mehr als Männer.«
Quelle: Statistisches Bundesamt

Unbereinigter vs. bereinigter Gender-Pay-Gap

Bei obigen Werten handelt es sich um den unbereinigten Gender-Pay-Gap, der den Durchschnittsverdienst aller Arbeitnehmer:innen betrachtet. Hier spiegeln sich strukturbedingte Faktoren wider, nämlich, dass Frauen seltener in Führungs-, dafür umso öfter in Teilzeitpositionen zu finden sind, häufiger in Berufen arbeiten, die schlechter bezahlt werden oder gehäuft Tätigkeiten nachgehen, für die sie eigentlich überqualifiziert sind.

Doch auch wenn wir den bereinigten Gender-Pay-Gap betrachten, also den Verdienstunterschied zwischen Männern und Frauen mit vergleichbarer Tätigkeit und Qualifikation, finden wir einen Wert von 6 %, der sich eben nicht durch strukturbedingte Faktoren erklären lässt.

»Frauen mit vergleichbaren Qualifikationen, Tätigkeiten und Erwerbsbiografien wie Männer verdienten im Schnitt 6 % weniger pro Stunde als ihre männlichen Kollegen.«
Quelle: Statistisches Bundesamt

Gender-Gap bei der Einkommensverteilung

Werfen wir dann noch einen Blick auf die Einkommensverteilung, offenbart eine im Jahr 2016 veröffentlichte Studie vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend besonders für verheiratete Frauen ein erschreckendes Bild. Nur 6 % der verheirateten Frauen verfügen über ein eigenes Nettoeinkommen über 2.000 Euro. 19 % der verheirateten Frauen haben sogar gar kein eigenes Einkommen.

Diese große Abhängigkeit hat nicht nur Folgen für die Alterssicherung – es sind insbesondere Frauen, die von Altersarmut betroffen sind – sondern auch für die Möglichkeit, sich aus ungesunden Beziehungen lösen zu können.

»Ein eigenes Nettoeinkommen über 2.000 Euro haben nur 10 % der Frauen im Alter zwischen 30 und 50 Jahren, aber 42 % der Männer im gleichen Alter. […] Von den verheirateten Frauen dieser Altersphase haben 19 % kein eigenes Einkommen und insgesamt 63 % unter 1.000 Euro. […] Nur 6 % der verheirateten Frauen haben ein eigenes Nettoeinkommen über 2.000 Euro.«
Studie: Mitten im Leben - Wünsche und Lebenswirklichkeiten von Frauen zwischen 30 und 50 Jahren

Individuelle Entscheidungen vs. strukturelle Probleme

»Ey, ich kenn’ da aber eine, die einen kennt, der eine kennt, bei der ist das alles gar nicht so. Und die will das ja auch so.« – Bestes Argument. Immer.

All diesen Gender-Gaps zum Trotz gibt es immer wieder und glücklicherweise auch immer mehr Ausnahmen, die von den Statistiken abweichen – und das ist schön. Genauso gibt es genug Fälle, in denen bewusst Entscheidungen getroffen werden, um eben nicht abzuweichen – und auch das ist okay.

Bei feministischen Fragestellungen geht es nicht darum individuelle Lebensentwürfe und -entscheidungen einzuschränken, sondern eben diese vermehrt zu ermöglichen – und zwar für alle, unabhängig vom Geschlecht. Und das geht nur, indem wir über strukturelle Probleme reden und diese weder durch positive Gegenbeispiele noch durch Ängste vom vermeintlichen Eingriff in die individuelle Freiheit zu entkräften versuchen.

Es macht einen großen Unterschied, ob ein Lebensmodell bewusst und aus freien Stücken gewählt wird oder ob die Gesellschaft, in der wir leben, diese Entscheidung für uns trifft und uns dabei womöglich noch glauben machen will, wir hätten uns das alles selbst ausgesucht.

»[E]s ist unmöglich, über die Situation ›der Frau‹ in unserer Gesellschaft zu sprechen und Probleme aufzuzeigen, ohne dass jemand auf eine Frau zeigt und sagt: Aber diese Frau hat dieses Problem nicht! Das ist unser Glück: das wir mitten im Fortschritt sind. Aber es ist auch unsere Herausforderung: strukturelle Probleme trotzdem zu sehen. […] Es gibt keine Gleichberechtigung, solange es ein paar erfolgreiche Frauen in Spitzenpositionen gibt und gleichzeitig Tausende, die noch nicht mal wissen, was ein DAX-Vorstand ist, geschweige denn, wie man da reinkäme, wenn nicht als Putzfrau, Prostituierte oder Einbrecherin.«
Margarete Stowkowski in Untenrum frei

Feminismus als stigmatisierter Begriff

»Lass mich mit deinem Feminismus bloß in Ruhe. Als ob alles besser wäre, wenn Frauen das Sagen hätten.«Irgendein Günther Jemand, der da definitiv etwas missverstanden hat.

Feminismus scheint ein ziemlich stigmatisierter Begriff zu sein, der teilweise Vorstellungen auslöst, die genau dem widersprechen, worum es eigentlich geht. Kritik an patriarchalen Strukturen zielt eben nicht darauf ab, ein System zu erschaffen, das Frauen bevorzugt und Männer benachteiligt. Forderungen nach Gleichberechtigung haben nichts mit Bevorzugung oder Gleichmacherei zu tun, sondern mit Chancengleichheit und freien Entfaltungsmöglichkeiten für alle Menschen – unabhängig von geschlechtlichen Zuordnungen.

We should all be feminists. (Chimamanda Ngozi Adichie)

Denn wer glaubt, das Patriarchat bereite nur Frauen Schwierigkeiten, irrt. Geschlechterrollen mit den Kategorien »typisch männlich« und »typisch weiblich« schränken Männer wie Frauen gleichermaßen ein. All jene, die sich nicht in die ihnen zugewiesene Kategorie einfügen können oder wollen, laufen in ein (Rechtfertigungs-)Problem. Noch mehr gilt das für diejenigen, die sich gar nicht erst in der binären Geschlechtseinteilung wiederfinden und damit quasi komplett aus dem Raster fallen.

Beim Feminismus geht es auch definitiv nicht darum, dass Frauen einfach die Machtpositionen der Männer erobern sollen und dann ist alles fine. Es sind die ausbeutenden Machtstrukturen, die Probleme bereiten, und diese lassen sich ganz sicher nicht lösen, indem sie in anderer Besetzung weitergeführt werden. Ohne ein systemisches Umdenken und Umwerfen dieser Strukturen ändert sich nämlich schlicht gar nichts.

Feminismus mag ein belasteter Begriff sein, dennoch sollte uns das nicht davon abhalten, uns auch heute noch mit feministischen Fragestellungen auseinanderzusetzen und unsere Stimme zu nutzen, um auf Problematiken aufmerksam zu machen. All die wichtigen Veränderungen der letzten hundert Jahre in Richtung mehr Gleichberechtigung wurden nicht auf dem Silbertablett serviert, sondern hart erarbeitet.

»Da der Feminismus unafrikanisch ist, beschloss ich jedenfalls, mich von nun an als glückliche afrikanische Feministin zu bezeichnen. Dann sagte ein lieber Freund, mich eine Feministin zu nennen hieße, dass ich Männer hasste. So wurde ich zu einer glücklichen afrikanischen Feministin, die Männer nicht hasst. Irgendwann war ich eine glückliche afrikanische Feministin, die Männer nicht hasst und Lippenstift und hohe Absätze zum eigenen Vergnügen und nicht zum Vergnügen der Männer trägt. Natürlich war viel davon ironisch, aber es beweist, wie stark belastet, wie negativ belastet das Wort Feministin ist.«
Chimamanda Ngozi Adichie in Mehr Feminismus! – Ein Manifest und vier Stories

Feminismus und Intersektionalität

»Im Grundgesetz steht doch was von wegen Gleichberechtigung und so. Reicht doch.« – Haha. Als ob.

Ungleichbehandlung von Menschen aufgrund ihres Geschlechts ist nur eine von vielen Diskriminierungsformen. Diskriminierung hat viele Gesichter.

Der Begriff Intersektionalität beschreibt das Zusammenwirken mehrerer Unterdrückungsmechanismen, sogenannte Mehrfachdiskriminierung. Die weiße, kinderlose Frau ohne Migrationshintergrund aus akademischem Elternhaus ist mit hoher Wahrscheinlichkeit ganz anderen Formen von Diskriminierung ausgesetzt als die alleinerziehende, schwarze Frau mit Behinderung.

Außerdem ist es wichtig sich zu verdeutlichen, dass Gleichberechtigung auf dem Papier eben nicht zwangsläufig Gleichberechtigung in der Realität bedeutet, insbesondere wenn es um Mehrfachdiskriminierung geht. Der Soziologe Aladin El-Mafaalani gibt dazu ein sehr anschauliches Beispiel:

»Zu glauben, diese [jahrhundertealte Herrschafts- und Unterdrückungsverhältnisse] ließen sich in kurzer Zeit auflösen, nur weil man heute keine unterdrückende Gesetzgebung mehr hat, erscheint ähnlich sinnvoll wie zu glauben, dass, nur weil eine neue Bundesligasaison mit gleichen Spielregeln für alle beginnt, der 1. FC Köln mit der gleichen Wahrscheinlichkeit Deutscher Meister werden kann wie der FC Bayern München. […] Es gibt zum einen einen historisch bedingten Startnachteil (Vermögen, Netzwerk, Prestige) auf der Ebene der Individuen. Zum anderen sind die Regeln selbst und die Kriterien der Leistungsfeststellung historisch gewachsen und damit nicht neutral und objektiv.«
Aladin El-Mafaalani in Wozu Rassismus?

10 feministische Bücher, die ich empfehlen kann

Ich hoffe, es ist mir gelungen, die Wichtigkeit aufzuzeigen sich auch heute noch mit feministischen Fragestellungen auseinanderzusetzen. Hier folgen also nun meine zehn Buchempfehlungen rund um das Thema Feminismus. Die folgende Liste enthält die Bücher, die ich im Jahr 2022 gelesen und als lesenswert empfunden habe. Hast du eine weitere Leseempfehlung für mich? Teile deine Empfehlung gerne in einem Kommentar am Ende dieses Artikels oder schreib mir eine E-Mail.

1) Wir sind doch alle längst gleichberechtigt

© Ullstein Verlage Buch von Alexandra Zykunov – Wir sind doch alle längst gleichberechtigt!

Alexandra Zykunov:
»Wir sind doch alle längst gleichberechtigt!« – 25 Bullshitsätze und wie wir sie endlich zerlegen

Die Redakteurin und Autorin Alexandra Zykunov greift in ihrem Buch 25 patriarchale Bullshitsätze auf und analysiert mit einer Prise schwarzem Humor und einem ganzen Haufen erschreckender Zahlen die dahinter schlummernden Ungerechtigkeiten zwischen Männern und Frauen.

Von »Hast du ein Glück, dass dein Mann zu Hause so viel mithilft« bis zu »Gib deine Kinder einfach nicht im Lebenslauf an« – beim Lesen tun sich regelrecht Abgründe auf und am Ende bleibt man zurück mit dem Gedanken: Nein, wir sind definitiv noch längst nicht gleichberechtigt.

»[…] wenn Väter das Minimum an Care-Arbeit machen, bekommen sie Applaus. Dreck weggeräumt? – Was für ein toller Ehemann und Vater! Dreck nicht weggeräumt? – Ist doch nicht so schlimm, toll, dass er sich überhaupt kümmert. Wenn Mütter das Minimum an Care-Arbeit machen, sind sie schlechte Mütter.«
Alexandra Zykunov in Wir sind doch alle längst gleichberechtigt!

2) Untenrum frei

© Rowohlt Verlage Buch von Margarete Stokowski – Untenrum frei

Margarete Stokowski:
Untenrum frei

Die Autorin und Kolumnistin Margarete Stokowski schreibt in diesem Buch über sexuelle Freiheit, Machtfragen und all die Rollenbilder, Schönheitsnormen und Schamgefühle, die in uns stecken – und wie all dies in Zusammenhang miteinander steht. Hat die sexuelle Revolution wirklich für Freiheit gesorgt? Wie frei und gleichberechtigt sind wir tatsächlich?

Ein Buch beruhend auf persönlichen Einblicken und Beobachtungen, gepaart mit Hintergründen und hard facts. Prädikat: Manchmal schockierend, manchmal provokant, aber auf jeden Fall durchgängig lesenswert.

»Einerseits sind junge, schlanke Frauenkörper für uns das Schöne schlechthin, sie sind ein Ideal, das für Attraktivität, Gesundheit, Disziplin steht. Andererseits hilft es gar nicht so viel, einen solchen Körper zu haben, sobald es um Machtfragen geht. […] Wir sind zwar mit Bildern hübscher Frauen in der Werbung und in den Medien gelinde gesagt ganz gut versorgt, aber nicht mit ihren Meinungen, ihrem Wissen und ihren Geschichten: Wer angeschaut wird, darf nicht automatisch sprechen.«
Margarete Stokowski in Untenrum frei

3) Die Rosa-Hellblau-Falle

© Verlag Antje Kunstmann Buch von Almut Schnerring, Sascha Verlan – Die Rosa-Hellblau-Falle

Almut Schnerring, Sascha Verlan:
Die Rosa-Hellblau-Falle – Für eine Kindheit ohne Rollenklischees

Almut Schnerring und Sascha Verlan sind nicht nur Eltern von drei Kindern, sondern arbeiten auch als Journalist:innen- und Autor:innen-Team und klären gemeinsam in Texten und Vorträgen über Rollenklischees im (Familien-)Alltag auf.

Wer schon einmal das Vergnügen hatte, sich durch Regale von Kinderspielzeug oder -kleidung zu wühlen, um etwas geschlechtsneutrales zu finden, kann sich vermutlich schon im Vorfeld ausmalen, was es mit der »Die Rosa-Hellblau-Falle« auf sich hat. Denn obwohl die Farbe Rosa im 19. Jahrhundert als das kleine Rot und damit als männliche Farbe galt – umgekehrt wurde die Farbe Blau der heiligen Maria und damit dem weiblichen Geschlecht zugeordnet – könnte man beim Blick auf heutige Konsumgüter meinen, Rosa und Hellblau seien natürliche Grundbedürfnisse von Mädchen und Jungen.

Neben dem großen Thema Gender-Marketing widmen sich Almut Schnerring und Sascha Verlan in ihrem Buch aber auch ganz allgemein geschlechtsspezifischen Erwartungen und Rollenvorstellungen, die bewusst oder unbewusst in Familienalltag, Kindergarten- und Schulzeit auf Kinder einprasseln. Durch die zahlreichen Verweise auf wissenschaftliche Studien und übergreifende Zusammenhänge ist das Buch einerseits super informativ, andererseits durch die Erzählungen aus dem persönlichen Familienalltag sehr angenehm zu lesen. Meiner Meinung nach eine echte Muss-Lektüre für alle (werdenden) Eltern.

»Um den Interessen unserer Töchter und Söhne gerecht zu werden, könnten wir versuchen, ihre Eigenschaften als individuelle Eigenschaften wahrzunehmen. Warum überhaupt von ›typisch Junge‹, ›typisch Mädchen‹ sprechen, warum nicht ›typisch Jan‹, ›typisch Louise‹ und ›typisch Fritzi‹? Versuchen wir doch ab jetzt, auf die Interessen unserer Kinder einzugehen, ganz unabhängig davon, ob sie nun dem eigenen oder einem gesellschaftlich akzeptierten Rollenbild entsprechen oder nicht. Machen wir uns bewusst, dass eine Fähigkeit, eine Verhaltensweise, ein Gefühl, ein Interesse nicht ›weiblich‹ oder ›männlich‹ ist, sondern dass sie alle bloß weiblich oder männlich konnotiert sind.«
Almut Schnerring, Sascha Verlan in Die Rosa-Hellblau-Falle

4) New Moms for Rebel Girls

© Verlagsgruppe BELTZ Buch von Susanne Mierau – New Moms for Rebel Girls

Susanne Mierau:
New Moms for Rebel Girls – Unsere Töchter für ein gleichberechtigtes Leben stärken

Die Autorin, Bloggerin und Pädagogin Susanne Mierau beleuchtet in diesem Buch wie sich eigene Erfahrungen und Erfahrungen vergangener Generationen auf unsere Denk- und Verhaltensweisen auswirken, durch die wir bewusst oder unbewusst bestimmte Botschaften an unsere Kinder senden. Sie ermutigt dazu, sich kritisch mit den eigenen Prägungen und (stereotypen) Denkmustern auseinanderzusetzen, da diese entscheidend beeinflussen, was wir gewollt oder ungewollt an nachfolgende Generationen weitergeben.

Zudem finden sich in diesem Buch auch ganz konkrete Tipps, wie Mädchen gestärkt werden können, um eine sogenannte Patriarchatsresilienz – tolles Wort – zu entwickeln, um in unserer von patriarchalen Strukturen geprägten Gesellschaft mit unweigerlich auftretenden Ungerechtigkeiten und Widrigkeiten besser umgehen zu können.

Nachdem ich bereits »Frei und unverbogen« sehr gerne gelesen hatte, war ich als Mutter einer Tochter natürlich besonders gespannt auf »New Moms for Rebel Girls« – und wurde wie erwartet auch hier nicht enttäuscht.

»Dass wir Frauen nicht breitbeinig in der Bahn sitzen, sondern die Beine eng aneinander- oder auch übereinanderschlagen, sagt etwas darüber aus, was die Gesellschaft von uns erwartet und was wir ihr über unsere Rolle in ihr vermitteln. Wie wir uns in Gesprächen anderen gegenüber verhalten, wie oft und wie lange wir anderen dabei in die Augen blicken […] [a]lle diese scheinbar so kleinen und oft unbewusst ablaufenden Ausdrücke unserer Körpersprache nehmen unsere Kinder auf und bilden sich davon ein Bild über die Rolle ›Frau‹ oder ›Mutter‹ in der Gesellschaft. […]
Wenn wir uns also mit dem Kern des Problems beschäftigen möchten, müssen wir uns nicht nur ansehen, wie wir was weitergeben, sondern auch, was uns geprägt hat, was uns heute beeinflusst und was wir bewusst und unbewusst vermitteln.«
Susanne Mierau in New Moms for Rebel Girls

5) Mehr Feminismus! – Ein Manifest und vier Stories

© S. Fischer Verlage Buch von Chimamanda Ngozi Adichie – Mehr Feminismus! – Ein Manifest und vier Stories

Chimamanda Ngozi Adichie:
Mehr Feminismus! – Ein Manifest und vier Stories

Mit gerade etwas mehr als 100 Seiten bietet dieses Buch der nigerianischen Bestsellerautorin Chimamanda Ngozi Adichie einen leichtgewichtigen Einstieg in ein schwermütig machendes Thema. Der erste Teil des Buches beruht auf ihrem berühmten TED-Talk aus dem Jahr 2012 »We should all be Feminists«, gefolgt von vier Kurzgeschichten, die von Geschlechterrollen, Identität und Schamgefühlen erzählen.

»Das Problem mit Geschlechterrollen ist, dass sie uns vorschreiben, wie wir sein sollen, statt anzuerkennen, wie wir sind. Man stelle sich nur vor, wie viel glücklicher wir wären, wie viel freier, so zu sein, wie wir sind, wenn es diese belastenden Erwartungen nicht gäbe.«
Chimamanda Ngozi Adichie in Mehr Feminismus! – Ein Manifest und vier Stories

Anmerkung: Während ich diesen Artikel schrieb, stieß ich darauf, dass Chimamanda Ngozi Adichie Transfeindlichkeit, genauer gesagt eine im feministischen Diskurs Trans-Frauen exkludierende Haltung vorgeworfen wird. Ich habe mich dennoch dafür entschieden, ihr Buch hier zu verlinken, einfach weil ich es als einen guten Einstieg in das komplexe Thema der Geschlechter(un)gerechtigkeit empfinde. Wer mehr zu besagten Vorwürfen nachlesen möchte, kann dies zum Beispiel hier tun.

6) Team F – Feminismus einfach leben

© Verlagsgruppe Droemer Knaur Buch von Julia Möhn, Wiebke Harms, Liske Jaax – Team F – Feminismus einfach leben. 12 Impulse für den Alltag

Julia Möhn, Wiebke Harms, Liske Jaax:
Team F – Feminismus einfach leben. 12 Impulse für den Alltag

Wie können wir uns in einer von patriarchalen Strukturen geprägten Gesellschaft gegenseitig stärken und solidarisch zeigen? Wiebke Harms, Julia Möhn und Liske Jaax liefern in ihrem Buch 12 Impulse für den Alltag mit konkreten Ideen und Denkanstößen für gegenseitiges Empowerment im privaten wie beruflichen Bereich.

Es geht um kleine und große Komplimente. Darum sich gegenseitig den Rücken zu stärken. Um’s Zuhören und Hinschauen, um Kooperation statt Konkurrenz. Um kleine Schritte und die Integration einer feministischen Haltung im Alltag.

»Wir verabschieden uns von dem Gedanken, dass jede Frau in unserem Umfeld nur eine Rolle innehat, für die sie dringend bewertet werden sollte. Wir sehen meist nur einen Ausschnitt, zum Beispiel von der Mutter, die Vollzeit arbeitet, in ihrer Freizeit Künstlerin ist, Lebenspartnerin, ihren Vater pflegt und nebenbei für die chronisch kranke Nachbarin einkaufen geht. Doch die Szene, die bei uns hängen bleibt, ist: Sie bringt ihren Sohn in die Kita-Notbetreuung während Corona. Wir lästern, dass sie anderen den Platz wegnimmt, die ihn doch viel nötiger bräuchten. Die Schublade, in die wir sie einsortieren: unsolidarische Rabenmutter, auf die wir mit dem Finger zeigen wollen. Dabei hätten wir wahrscheinlich selbst gerne den Kitaplatz beansprucht und gestatten uns nur nicht, ihn einzufordern.«
Julia Möhn, Wiebke Harms, Liske Jaax in Team F

7) Der Ursprung der Welt

© avant-verlag Buch von Liv Strömquist – Der Ursprung der Welt

Liv Strömquist:
Der Ursprung der Welt
Der Ursprung der Liebe
Ich fühl’s nicht

Die schwedische Künstlerin Liv Strömquist ist studierte Politikwissenschaftlerin und nimmt in ihren Graphic Novels gesellschaftliche Strukturen kritisch unter die Lupe. In »Der Urspung der Welt« widmet sie sich der Kulturgeschichte der Vulva – dabei greift sie beispielsweise historische, männliche Persönlichkeiten auf, die sich ein bisschen zu sehr für das weibliche Geschlechtsorgan interessiert haben, zudem beleuchtet sie auch die gesellschaftliche Verschleierung der weiblichen Anatomie und wieso Menstruation als Tabuthema gilt – all das nicht nur mit passenden Illustrationen und bissigem Humor, sondern auch stets sachlich sinnvoll erläutert und mit Quellenangaben untermauert.

Auch von ihren Graphic Novels »Der Urspung der Liebe« und »Ich fühl’s nicht«, in denen es unter anderem um den Einfluss von Patriarchat und Kapitalismus auf unsere Beziehungen und Beziehungsfähigkeit geht, war ich hellauf begeistert. Daher kann ich nur sagen: Unbedingt lesen!

8) Wie du erfolgreich wirst, ohne die Gefühle von Männern zu verletzen

Sarah Cooper:
Wie du erfolgreich wirst, ohne die Gefühle von Männern zu verletzen

© Mentor Verlag Buch von Sarah Cooper – Wie du erfolgreich wirst, ohne die Gefühle von Männern zu verletzen

© Mentor Verlag Buch von Sarah Cooper – Wie du erfolgreich wirst, ohne die Gefühle von Männern zu verletzen

Die amerikanische Autorin und Komikerin Sarah Cooper liefert hier ein Buch mit knalligen Farben und schlichten Comics, die einen satirischen Blick auf das Arbeitsleben werfen. Durch eine Gegenüberstellung von Mann vs. Frau in typischen Situationen aus dem Berufsalltag wird mit bissigem Humor deutlich gemacht, welch unterschiedlichen Bewertungen Männer und Frauen in exakt denselben Situationen unterliegen.

Schon beim ersten Durchblättern wusste ich manchmal nicht, ob ich jetzt lachen oder weinen soll. »Funny because it’s true« – heißt es auf ihrem Blog The Cooper Review. Ähnliches gilt wohl auch für dieses Buch.

9) Die Erfindung der Hausfrau

© Verlagsgruppe HarperCollins Buch von Evke Rulffes – Die Erfindung der Hausfrau – Geschichte einer Entwertung

Evke Rulffes:
Die Erfindung der Hausfrau – Geschichte einer Entwertung

Evke Rulffes ist Kulturwissenschaftlerin und analysiert in diesem Buch wie sich das Bild der Ehefrau von der Betriebsleiterin, die den Stand des Hauses repräsentierte und über Bedienstete verfügte, im Laufe der Zeit zur bürgerlichen Hausfrau wandelte, die nun selbst als Bedienstete des Ehemanns fungierte.

In ihren Analysen bezieht sich die Autorin auf historische Haushaltsratgeber aus dem 18. und 19. Jahrhundert, die sogenannte Hausväter-/Hausmütterliteratur, und gibt so einen Einblick in damalige Erwartungen und Vorstellungen von Geschlechterrollen. Sie zeigt aber auch historische Entwicklungen wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Natur auf, die zur Veränderung des Bildes von der Herrin im Haus zur Dienerin am Mann beigetragen haben.

Die Bezugnahme auf die Haushaltsratgeber erfolgt dabei sehr detailliert, was vielleicht für manche:n Leser:in ein bisschen zu viel des Guten sein mag, ich empfand die Auseinandersetzung mit dem Thema dennoch als interessant, aufschlussreich und stellenweise auch überraschend.

»Als um 1900 durch die wachsende Mittelschicht der Bedarf an Dienstpersonal stieg, gab es eine sogenannte ›Dienstbotenkrise‹ […] Die Lösung war, das Konzept der bürgerlichen Hausfrau auf alle Schichten auszubreiten. Während der ersten Weltwirtschaftskrise 1929 wurde unbezahlte weibliche Haus- und Familienarbeit als Wirtschaftsfaktor erkannt und in die Lebenshaltungskosten einkalkuliert. Das ermöglichte eine geringe Bezahlung der männlichen Arbeiter. Aufgrund der schlechten Arbeitsbedingungen und der Doppelbelastung für erwerbstätige Frauen strahlte das Hausfrauendasein eine große Attraktivität aus. Die Ausweitung auf alle Schichten funktionierte auch dank der Vorarbeit im 18. und 19. Jahrhundert hervorragend, wie ein Wirtschaftswissenschaftler 1974 trocken konstatiert: ›Die Verwandlung der Frauen in eine heimliche Dienerklasse war eine ökonomische Leistung ersten Ranges. Diener für niedere Arbeiten konnte sich nur eine Minderheit der vorindustriellen Gesellschaft leisten; im Zuge der Demokratisierung steht heute fast dem gesamten männlichen Bevölkerungsteil eine Ehefrau als Dienerin zur Verfügung.‹ Die Folgen davon spüren wir noch heute.«
Evke Rulffes in Die Erfindung der Hausfrau – Geschichte einer Entwertung

10) Die Vegetarierin

© Aufbau Verlage Buch von Han Kang – Die Vegetarierin

Han Kang:
Die Vegetarierin

Als ich mehr oder weniger zufällig auf den kafkaesken Roman der südkoreanischen Autorin Han Kang stieß, wusste ich nicht, was da auf mich zukommen würde. Es spricht für sich, dass ich zu lesen begann und das Buch nicht mehr weglegen konnte, bis ich am Ende angekommen war. Auch wenn das Thema Feminismus nicht explizit behandelt wird, so sehe ich diesen Roman doch als symbolische Auseinandersetzung mit Emanzipation und (weiblicher) Selbstbestimmung und liste ihn hier gerne auf.

Als die bis dato stets unauffällige und pflichtbewusste Protagonistin urplötzlich beschließt, keine tierischen Produkte mehr zu sich zu nehmen, löst sie damit zahlreiche Spannungen innerhalb ihres sozialen Umfelds aus. Es ist bezeichnend, dass wir als Leser:innen kaum etwas über das Innenleben der Protagonistin erfahren, sondern sie als Objekt der Erzählung erleben. Der erste Teil des Romans schildert die Perspektive des Ehemanns, der zweite Teil ist aus dem Blickwinkel des Schwagers geschrieben, und im dritten und letzten Teil erhalten wir noch eine weibliche Sichtweise aus dem Blickwinkel ihrer Schwester.

Ein Roman, stellenweise verstörend, aber auch unglaublich fesselnd, den ich nur empfehlen kann.

»Bevor meine Frau zur Vegetarierin wurde, hielt ich sie in jeder Hinsicht für völlig unscheinbar. Um ehrlich zu sein, fand ich sie bei unserer ersten Begegnung nicht einmal attraktiv. Mittelgroß, ein Topfschnitt, irgendwo zwischen kurz und lang, gelbliche unreine Haut, Schlupflider und dominante Wangenknochen. Ihre farblose Kleidung zeugte von ihrer Scheu, etwas von sich preiszugeben. Als sie sich dem Tisch näherte, an dem ich auf sie wartete, fielen mir ihre Schuhe auf. Es waren die schlichtesten schwarzen Schuhe, die man sich nur vorstellen kann. Und dann dieser Gang, nicht schnell, nicht langsam, nicht raumgreifend und auch nicht tippelnd. So fühlte ich mich weder von ihr angezogen noch abgestoßen und sah daher keinen Grund, sie nicht zu heiraten.«
Han Kang in Die Vegetarierin

Feministische Bücher, die noch auf meiner To-Read-Liste stehen

© Verlagsgruppe Droemer Knaur Buch von Franziska Schutzbach – Die Erschöpfung der Frauen

Franziska Schutzbach:
Die Erschöpfung der Frauen

© Verlagsgruppe BELTZ Buch von Patricia Cammarata – Raus aus der Mental Load-Falle

Patricia Cammarata:
Raus aus der Mental Load-Falle

© Seven Stories Press Buch von Emma – The Mental Load: A Feminist Comic

Emma:
The Mental Load: A Feminist Comic

© avant-verlag Buch von Liv Strömquist – I'm every woman

Liv Strömquist:
I’m every woman

© Verlag Kein & Aber Buch von Julia Korbik – Stand up. Feminismus für alle

Julia Korbik:
Stand up. Feminismus für alle

© Aufbau Verlage Buch von Jens van Tricht – Warum Feminismus gut für Männer ist

Jens van Tricht:
Warum Feminismus gut für Männer ist

© Penguin Random House Verlagsgruppe Buch von Roxane Gay – Bad Feminist

Roxane Gay:
Bad Feminist

© Penguin Random House Verlagsgruppe Buch von Rebecca Solnit – Wenn Männer mir die Welt erklären

Rebecca Solnit:
Wenn Männer mir die Welt erklären

© Edel Verlagsgruppe Buch von Svenja Gräfen – Radikale Selbstfürsorge. Jetzt! Eine feministische Perspektive

Svenja Gräfen:
Radikale Selbstfürsorge. Jetzt! Eine feministische Perspektive

© Carl Hanser Verlag Buch von Elena Favilli, Francesca Cavallo – Good Night Stories for Rebel Girls

Elena Favilli, Francesca Cavallo:
Good Night Stories for Rebel Girls

© Rowohlt Verlage Buch von Margarete Stokowski, Francesca Cavallo – Die letzten Tage des Patriarchats

Margarete Stokowski:
Die letzten Tage des Patriarchats

Feministische Podcasts, die ich gerne höre

Haus Eins:
Der Lila Podcast

Jasmin Mittag:
Wer braucht Feminismus?

Hanna Drechsler:
Eltern in Balance

Deine Empfehlungen…?

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Frau Lyoner


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